Frage: Nach
Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 ist bei zu errichtenden Wohngebäuden als
Referenzausführung eine zentrale Abluftanlage, „bedarfsgeführt mit geregeltem
DC - Ventilator“ anzunehmen. Weitere Festlegungen, z. B. hinsichtlich des
Anlagenluftwechsels, werden dazu nicht getroffen. Welche Kennwerte dürfen zur
Beschreibung dieser Referenzausführung verwendet werden?
Antwort der Projektgruppe EnEV der Fachkommission "Bautechnik" der
Bauministerkonferenz vom 23. Februar 2010, veröffentlicht am 8. März 2010:
-
Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 EnEV
sieht als Referenz für die Lüftung bei zu errichtenden
Wohngebäuden eine zentrale, bedarfsgeführte Abluftanlage mit
geregeltem DC - Ventilator vor. Diese Angabe hat im wesentlichen
Einfluss auf den für das Referenzgebäude anzusetzenden
Luftwechsel und damit auch
auf den Jahres-Primärenergiebedarf.
-
Die beiden alternativ
anzuwendenden Berechnungsregeln nach Anlage 1 Nr. 2.1.1 oder
2.1.2 EnEV enthalten hierzu unterschiedliche Festlegungen:
-
DIN V 18599 : 2007 - 02 (Nr.
2.1.1)
DIN V 18599 - 10 legt in Tabelle 3 (Richtwerte der
Nutzungsrandbedingungen für die Berechnung des
Energiebedarfs von Wohngebäuden) allgemein - für den „mittleren Anlagenluftwechsel,
bedarfsgeführt“ einen Wert von nmech = 0,35 h - 1 und - für den „nutzungsbedingten Mindestaußenluftwechsel,
bedarfsgeführt“ einen Wert von nnutz = 0.45 h - 1 fest.
Diese Werte dürfen „nur in Verbindung mit einer
ventilatorgestützten Zu - und Abluftanlage oder Abluftanlage
mit geeigneter nutzerunabhängiger Führungsgröße wie z. B.
Feuchte oder CO2, jedoch
ohne Betriebsunterbrechung“ angesetzt werden. Die Angabe für
den Außenluftwechsel ist ein Mindestwert; ein Höchstwert ist
nicht angegeben.
-
DIN V 4108 - 6 : 2003 - 06 i.
V. m. DIN V 4701 - 10 : 2003 - 08 (Nr. 2.1.2)
DIN V 4108 - 6 legt in Tabelle D.3 Zeile 8.2 für Abluftanlagen
ohne Wärmerückgewinnung eine Luftwechselrate nx =
nA + 0,15 h - 1 fest, wobei nA der
mittlere Anlagenluftwechsel nach DIN V 4701 - 10 mit einem
Standardwert von nA = 0,4 h - 1 ist. Dieser Ansatz
gilt in Verbindung mit einer erfolgreichen Dichtheitsprüfung
des Gebäudes. DIN V 4701 - 10 lässt in Abschnitt 5.2.4 eine
Verringerung dieses Standardwertes bis auf minimal 0,35 h - 1
nur dann zu, „wenn die Regelung des
Luftvolumenstroms anhand mindestens einer geeigneten,
unabhängig vom Benutzer wirkenden Führungsgröße (z. B. CO2)
erfolgt und anhand der Regeln der Technik nachgewiesen
werden kann, dass sich bei dem verringerten Luftwechsel
unbedenkliche hygienische und bauphysikalische
Luftverhältnisse einstellen“.
Aus beiden Regelwerken ist kein verbindlicher Wert für den
Luftwechsel bei „zentraler, bedarfsgeführter Abluftanlage“
zu entnehmen, sondern lediglich Mindestwerte des Anlagen -
und des Gesamtluftwechsels.
-
Die Ausschöpfung der angegebenen
zulässigen Mindestwerte beim Referenzgebäude würde im Vergleich
zur Fensterlüftung zu einer deutlichen Absenkung des
Luftwechsels und damit zu einem deutlich verringerten
Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes führen. Ein
niedrigerer Jahres-Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes
bedeutet strengere materielle Anforderungen an das ausgeführte
Gebäude.
-
Die Begründung der Bundesregierung
zum Entwurf der EnEV 2009 (Bundesrats - Drucksache 569/08, S.109)
führt zu Anlage 1 Tabelle 1 Zeile 8 aus: „Eine Abluftanlage ist
in der Energiebedarfsbilanz gegenüber der Fensterlüftung
(kontrollierte Stoßlüftung) gleichwertig, zur Vermeidung von
Feuchteschäden und Schimmelpilzbildung als bauphysikalisch
sinnvoll anzusehen.“ Demnach ist nicht beabsichtigt, dass diese
Festlegung insgesamt – also unter Berücksichtigung auch der
elektrischen
Hilfsenergie für die Ventilatoren – zu einem niedrigeren
Jahres-Primärenergiebedarf führt als bei Gebäuden mit
Fensterlüftung.
-
Vor diesem Hintergrund ist wie
folgt vorzugehen:
-
Von der nach DIN V 4701 - 10
Abschnitt 5.2.4 möglichen Absenkung des Anlagenluftwechsels
unter den Standardwert nA = 0,4 h - 1 ist beim
Referenzgebäude generell abzusehen.
-
Die beim Referenzgebäude
festgelegte, erfolgreiche Dichtheitsprüfung führt in den
Berechnungen nach DIN V 4108 - 6 i. V. m. DIN V 4701 - 10 bei
Einsatz einer Abluftanlage eindeutig und ohne weitere
Voraussetzungen zu einem auf 0,15 h - 1 (im Vergleich zu 0,2
h - 1 in sonstigen Fällen) abgesenkten
Infiltrationsluftwechsel.
Die aus diesen beiden Ansätzen resultierende Luftwechselrate
nx=0,55 h - 1 führt (nach Berücksichtigung der
Hilfsenergie) bei der Berechnung des
Jahres-Primärenergiebedarfs zu der Gleichwertigkeit zu
Ausführungen mit Fensterlüftung, von der der
Verordnungsgeber in seiner Begründung ausgeht.
Diese Luftwechselrate ist auch größer als der nach dem
alternativ anwendbaren Berechnungsverfahren DIN V 18599
zulässige Mindestaußenluftwechsel nnutz=0.45 h - 1.
Somit ist es auch mit den Randbedingungen dieses Verfahrens
vereinbar, dass der Nachweis mit einer Luftwechselrate nnutz=0.55
h - 1 beim Referenzgebäude geführt wird.
-
Beim ausgeführten Gebäude steht
einem Ansatz geringerer Anlagenluftwechsel jedoch nichts
entgegen, soweit die im technischen Regelwerk genannten
Voraussetzungen vorliegen und die jeweils angegebenen
Mindestwerte nicht unterschritten werden.

Fragen+Antworten zur EnEV 2009 nach Themen
finden





|
|